St. Cloud's im Staate Maine (USA) nennt sich die
Wirkungsstätte des Arztes Wilbur Larch (Michael Caine), wo er gemeinsam
mit zwei Krankenschwestern ein Waisenhaus leitet. Die Dienste des Waisenhauses
werden von Müttern in Anspruch genommen, die ihr in St. Cloud's frisch
geborenes oder bereits etwas älteres Kind abschieben wollen. Zudem
können Abtreibungen vorgenommen werden, was sogar innerhalb der eigenen
vier Wände öfters heftige Kontroversen auslöst. Neben dem
Wohlergehen der Mütter kommt natürlich auch jenes der Kinder
nicht zu kurz. Mit viel Engagement und Herzensblut wird in dem Heim eine
familiäre Atmosphäre geschaffen und auf die Bedürfnisse
der Jungmannschaft eingegangen, nichtsdestoweniger wünscht sich jedes
Kind irgendwann von Adoptiveltern aufgenommen zu werden. Homer Wells (Tobey
Maguire) hat bereits zweimal in einer Familie Unterschlupf gefunden. Aus
unterschiedlichen Gründen ist er allerdings immer wieder in St. Cloud's
gelandet. Inzwischen ist der Waisenjunge zu einem stattlichen Burschen
herangewachsen, mit dem Doktor Larch ein ganz spezielles, beinahe väterliches
Verhältnis pflegt. Er wird von seinem Ersatzvater in die Geheimnisse
der Medizin eingeweiht und nimmt ab und zu eigenhändig locker vom
Hocker eine Geburt vor. Immer intensiver spürt er dennoch den Wunsch
das getraute Heim zu verlassen und sein Leben selber zu bestimmen. Als
eines Tages eine junge Dame namens Candy (Charlize Theron) und ihr Verlobter
Wally (Paul Rudd) in St. Cloud's weilen, um eine Abtreibung vorzunehmen,
bietet Homer sie um eine Mitfahrgelegenheit. Er verlässt danach zusammen
mit dem Liebespaar das Waisenhaus und rackert fortan im Dienste von Wallys
Familie als Apfelpflücker. In Abwesenheit von Wally, der für
einen Militäreinsatz während dem Zweiten Weltkrieg nach Europa
beordert wird, verliebt sich Homer in Candy. Seine Gefühle werden
zwar von seiner Herzensdame erwidert, doch sie sieht Homer offenkundig
nur als Ersatz für den in Europa weilenden Verlobten an. Dennoch sammelt
der Neoapfelpflücker in dieser Zeit viele wertvolle Erfahrungen, wodurch
er sich zu einem reifen "Mann" entwickelt, der seine Zukunft in die eigenen
Hände nimmt und seine vielseitigen Talente zu nutzen weiss.
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Nach "The World According To Grap" und "Hotel New Hampshire" kommt
nun mit "Gottes Werk und Teufels Beitrag" die dritte Leinwandadaption in
unsere Kinos, die auf dem literarischen Stoff von Erfolgsautor John Irving
basiert. Irvings Roman mit dem englischen Originaltitel "The Cider House
Rules" erschien 1985 und entpuppte sich als Bestseller. Bei der Umsetzung
auf die Leinwand tauchten dann einige Probleme auf. Das ist nicht weiter
erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Irvings Buch von unglaublicher, literarischer
Dichte ist und mehr als 800 Seiten umfasst. Insgesamt vier verschiedene
Regisseure mit eigenen Vorstellungen und Ideen, was zum Beispiel das Drehbuch
anbelangt, haben sich mit der Adaption abgemüht. Realisiert wurde
der Film schliesslich unter der Regie des Schweden Lasse Hallström.
Hinter dem Drehbuch steht der bereits erwähnte John Irving höchstpersönlich,
der im Unterschied zur Romanvorlage nur eine kurze Zeitspanne aus dem Leben
des Waisenjungen Homer Wells aufgegriffen, einige Figuren weggelassen und
sich auf die zentralen Handlungsstränge konzentriert hat. Mit dem
Oscar für das beste adaptierte Drehbuch wurde Irvings gelungene Arbeit
entsprechend gewürdigt, währenddem Michael Caine in der Rolle
des Doktor Larch eine Auszeichnung als bester Nebendarsteller zugesprochen
erhielt.
In "Gottes Werk und Teufels Beitrag" steht das Thema Abtreibung im
Mittelpunkt des Geschehens. Der Film ist kein reiner "Abtreibungsfilm",
zumal viele andere Inhalte wie der Umgang mit Regeln oder Inzest ebenfalls
aufgegriffen werden. Was auch nicht zu kurz kommt, ist das Erzeugung von
Gefühlen. Regisseur Hallström und Drehbuchautor Irving gebührt
ein dickes Kompliment, denn in anderen Händen wäre dieser Stoff
wohl zu einer kitschigen Seifenoper verkommen. Doch die beiden Filmmacher
schaffen es unglaublich viel Wärme, Schönheit und Emotionalität
zu verstreuen. Ein einfacher Satz wie "Good night you Princes of Maine,
you Kings of New England", mit dem Doktor Larch seine Zöglinge abendlich
in den Schlaf wiegt, gewinnt immer mehr an Bedeutung, bis es einem kalt
den Rücken runterzulaufen beginnt. Dies dürfte jedoch nur nachvollziehen
können, wer sich diesen rührenden, beeindruckenden Film ansieht.
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